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Russland, das große Hindernis auf dem Weg zur „American World“

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Aymeric Chauprade - Bildquelle: frontnational.com

Aymeric Chauprade – Bildquelle: frontnational.com

Aymeric Chauprade ist außenpolitischer Berater von Marine Le Pen und Delegationsleiter des Front National im Europäischen Parlament; er war zuvor Professor für Geopolitik an der französischen Kriegsakademie (1999 bis 2009) und Professor an der Universität Neuchâtel/Neuenburg.

Diese Studie erschien unter dem Titel La Russie, obstacle majeur sur la route de «l‘Amérique-monde» in der Zeitschrift Géostratégiques, Ausgabe Nr. 24 vom Juli 2009.

Die Übersetzung ins Deutsche für freies-oesterreich.net darf nur unter Anführung der vollständigen URL rebloggt werden.

Während die Vereinigten Staaten seit dem 11. September 2001 versuchen, ihre Pläne zu beschleunigen, die Welt nach dem Bild einer demokratischen und liberalen Gesellschaft umzuformen, wie sie sich ihre Gründungsväter erträumt haben mögen, stellen nicht-westliche Zivilisationen sich ihnen in den Weg und bekunden ihren Willen zur Macht.

Es ist insbesondere Russland, das ein geopolitisches Haupthindernis für Washington darstellt. Russland versteht es, seine Einflusssphäre zu verteidigen und der Welt zu zeigen, dass es in der Energiefrage unumgänglich ist, mit Russland zu kooperieren.

Einer der Klassiker der modernen Geopolitik, Halford J. Mackinder (1861-1947), ein britischer Admiral, der in Oxford Geografie unterrichtete, vertrat die Grundthese, dass die großen geopolitischen Strömungen der Welt um ein Heartland kreisen, nämlich Eurasien. Das Herz dieses Angelpunkts der Weltpolitik, den die Seemächte nicht erreichen konnten, das Herz Eurasiens war hingegen Russland, jenes Reich, dem „in der gesamten Welt dieselbe zentrale strategische Rolle zukommt wie sie Deutschland in Europa zukommt.“
Dieser Raum – das Epizentrum aller geopolitischen Erschütterungen – wird von einem Gürtel natürlicher Barrieren geschützt (die Weiten Sibiriens, der Himalaya, die Wüste Gobi, Tibet), weshalb ihn Mackinder als „inneren Halbmond“ bezeichnet; um diesen Kernraum herum liegen die Randgebiete des eurasischen Kontinents: Westeuropa, der Mittlere Osten, Südostasien und der Ferne Osten.

Jenseits dieser Randgebiete und durch Meeresbarrieren von ihnen getrennt, sind es zwei Inselsysteme, welche das Herzland von beiden Seiten kontrollieren: Großbritannien und Japan, zugleich Brückenköpfe eines „äußeren Halbmondes“, dem auch die Vereinigten Staaten angehören.

Nach diesem Weltbild ist es die Aufgabe der globalen Seemächte, der Thalassokratien, welche Mackinder verteidigt, die Einheit des eurasischen Kontinents zu verhindern. Sie müssen daher die Ost-/West-Teilung zwischen den Hauptkontinentalmächten aufrechterhalten, welche ansonsten in der Lage wären, Allianzen zu schmieden (nämlich Frankreich mit Deutschland, Deutschland mit Russland, und Russland mit China); zugleich müssen sie die Randgebiete des eurasischen Kontinents kontrollieren.

Diese angelsächsische Matrix, die auf das britische Empire des neunzehnten Jahrhunderts ebenso angewendet werden kann wie auf die US-Thalassokratie des zwanzigsten Jahrhunderts, ist der Schlüssel zum Verständnis der heutigen Geopolitik.

Mackinders Theorie erinnert uns an zwei Dinge, welche die angelsächsischen Thalassokratien nie vergessen haben: es gibt kein europäisches Machtprojekt bzw. keine europäische Macht ohne ein starkes und unabhängiges Deutschland (weshalb Deutschland seit 1945 weitgehend unter amerikanischer Kontrolle steht); und es gibt kein globales Gleichgewicht gegenüber dem US-Globalismus ohne ein starkes Russland.

Amerika will die American World; das Ziel seiner Außenpolitik geht weit über die Optimierung seiner strategischen und wirtschaftlichen Interessen hinaus: es geht Amerika um die Umwandlung der gesamten Welt in eine amerikanische Gesellschaft. Amerika ist messianisch beseelt und diese Motivation ist der eigentliche Motor seiner Machtgelüste. Mit der Unterzeichnung der Atlantik-Charta im Jahr 1941 haben Roosevelt und Churchill einen Fahrplan für eine erträumte Weltregierung vorgegeben, welche eine liberale und demokratische Globalisierung zu organisieren hätte. Bis 1947 versuchte es Amerika mit einer Konvergenz mit der Sowjetunion, um mit ihr gemeinsam eine Weltregierung zu bilden, und das trotz der offensichtlichen Unauflösbarkeit der Widersprüche zwischen dem amerikanischen und dem sowjetischen Globalisierungsmodell. Zwei Jahre nach dem Zusammenbruch Europas im Jahre 1945 erkannten die Amerikaner, dass sie nicht in der Lage sein würden, die Sowjets zu ihrer „liberalen“ Globalisierung zu bewegen und resignierten, indem sie ihr Projekt geografisch eingrenzten: das atlantische Bündnis, der Atlantismus, ersetzte vorübergehend den Globalismus.

Als dann im Jahr 1989 die UdSSR schwankte, erhob der globalistische Traum wieder seinen Kopf und drängte Amerika aufs neue zu seinem globalen Aufmarsch. Anstelle des Kadavers des Kommunismus musste nun ein neuer Weltfeind für die globalen Ambitionen herhalten: der islamistische Terrorismus. Während des Kalten Krieges hatten die Amerikaner diesen Feind den Rücken gestärkt, damit er die sozialistischen Revolutionen hintanhielte, die sich sonst Sowjetrussland zugewandt hätten. Der sunnitische Islamismus war in Afghanistan der Verbündete der USA gegen Sowjetrußland. Hier lag die erste Ausbildungsstätte der sunnitischen islamistischen Kämpfer, die Geburtsstätte der Al-Kaida wie auch diejenige der algerischen Islamisten… Dann kam im Jahr 1979 die fundamentalistische schiitische Revolution und die Aufgabe des Schah von Persien durch die USA. Das Kalkül Washington war es, dass der fundamentalistische schiitische Iran – im Gegensatz zu einer marxistischen Revolution – sich nicht mit der UdSSR verbünden und er ein Gegengewicht zu den sunnitischen Fundamentalisten schaffen würde. In der arabischen Welt waren es die Moslembrüder von Ägypten bis hin nach Syrien, welche von den USA unterstützt wurden. Washington hetzte den Irak gegen den Iran, und vice versa den Iran gegen den Irak, getreu dem Prinzip „let them kill themselves“ (mögen sie ich untereinander umbringen), das zuvor bereits gegen das deutsche Volk und das russische Volk angewandt worden war, um auf diese Weisen einen arabischen Nationalismus auszurotten, welcher in Konflikt mit den Interessen Israel gestanden wäre. Die Allianz dauerte bis nach dem Fall der UdSSR und war noch voll intakt beim Abriss des jugoslawischen Staatsgebäudes und bei der Schaffung zweier moslemischer Staaten in Europa, nämlich Bosnien-Herzegowina und Kosovo.

Der Islamismus war den Amerikanern immer nützlich gewesen, sowohl als Verbündeter gegen den Kommunismus während des Kalten Krieges wie auch in seiner neuen Funktion als offizielles Feindbild seit dem Ende der bipolaren Welt nach dem Fall des Kommunimus. Diese Islamisten existierten sogar tatsächlich und waren keine imaginäre Schöpfung der USA; es ist nicht zu leugnen, dass sie die Fähigkeit haben, Schaden anzurichten und für Destabilisierung zu sorgen. Aber trotz aller Todesopfer, die sie erfordern mögen, haben sie niemals die Fähigkeit, die Machtverhältnisse in der Welt zu verändern.

Der Krieg gegen den Islamismus ist lediglich ein offizieller Tarnschirm für einen viel ernsteren Krieg: der Krieg der USA gegen die eurasischen Mächte.

[Fortsetzung morgen]


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